Bericht von Andrea über FMA

Grad noch hab ich "Nachtflug" gehört. Grad noch hab ich seine Stimme im Ohr.
Das ist nicht schwer, denn ich hab ihn im Herzen - den "Falken". Und wenn Du
ihn im Herzen hast, ist es ein Abenteuer, in ein weiteres Musical dieser Art
zu gehen. Denn Du möchtest, dass es gut ausgeht. Bitte nicht wieder
enttäuscht werden. Alle wollen heut Geld machen mit Hans Hoelzel. Du warst
auch dann immer bei ihm im Herzen, wenn es NICHT so lief. Und jetzt, wo Du
ihn verloren hast, suchst Du nach Wegen, ihn wieder zu finden. Und heute
steht Dir wieder so ein Abenteuer bevor. Du machst Dich auf den Weg ins
Theater Des Westens. Der Titel "Falco meets Amadeus" hört sich ganz
vielversprechend an und Du hast schon eine Menge Vorab-Lob in der Pressegelesen.

Aber das ist ja die Regel. Du bist also auf dem Weg zum Theater, der
KuDamm ist hell erleuchtet. Viele Bars, in denen Hans seinen Spass gehabt
hätte. Und dann kommst Du an. Das Theater liegt vor Dir. Schon auf dem Weg
dorthin hast Du die typischen Berliner Doppeldecker-Busse gesehen, viele
davon mit der Werbung für dieses neue Musical. "DAS" Happening zur Zeit in
Berlin. Gemischte Gefühle. Wird es IHM gerecht??? Aber Du kannst Dir ein
Lächeln nicht verkneifen, denn Du denkst an seine Worte. "Wenn ich tot bin,
wer'ns mi hochleben lassen....". Recht hat er gehabt. War abzusehen...
Schade. Lebendig hätten wir ihn lieber gehabt! Dein Grinsen im Gesicht
verschwindet und Du wirst wieder traurig. Hättest ihm den neuen Erfolg bei
Lebzeiten von ganzem Herzen gegönnt. Ja, mehr als gewünscht! Aber da liegt
das Theater Des Westens vor Dir - hell erleuchtet, ein wunderschönes Theater
im übrigen! Dann siehst du seine Silouette verschmolzen mit der von Mozart
auf überdimensionalenen Fahnen wehen und das alles läßt dir einerseits das
Herz aufgehen und andererseits macht es Dich traurig. Und wieder der Gedanke:
Warum nicht früher? Aber - that's showbiz. Oder? Unbarmherzig und kalt. Gut,
wisch all Deine Gedanken weg und geh einfach rein. Empfangen wirst Du
königlich. Du bekommst langsam das Gefühl, das Dich wirklich etwas
besonderes erwartet. Du nimmst Platz und die Spannung ist kaum zu ertragen. -------
Der Saal wird dunkel, und Deine Erwartung ist auf dem Höhepunkt angelangt.
Willst du wirklich sehen, was jetzt kommt? Ja, Du willst. Du bleibst.
Natürlich bleibst Du. Egal, wie schlecht es sein wird - es hat mit Falco zu tun.
Da, die ersten Takte, "Der Kommissar". Gleich zu Beginn? Ah, es ist nur eine
Art Intro. Wiedererkennungswert? Die Bühne wird mit Darstellern bevölkert.
Du weißt erst nicht genau, was Du damit anfangen sollst. Sie reden über IHN.
Ah, langsam kommt der Durchblick und Du merkst, worum es hier geht. Ok, scheint
nicht chronologisch/biografisch zu sein. Aber da Du seine Geschichte kennst,
weißt du trotzdem etwas damit anzufangen. Da hast Du zumindest
"Falco-Heimvorteil" zu Leuten, die nur seine Musik "ganz nett" fanden und
hier eine Art "Aufklärung" und eine Biografie erwarten. Haben wohl voll
"reingestochen" ins "Wespennest". Du denkst - ah, klar, wieder diese
Klischees... Was Dich gleich von Anbeginn an stört, sind die zum Teil
gereimten Texte. War das wirklich nötig, Herr Driest??? Du lehnst Dich in den
Sitz zurück, denkst, Du stehst "über den Dingen". Und dann - ja, dann -
kommt ER auf die Bühne. Und Du denkst, Du bist im falschen Film. Eben noch total
cool und relaxed in Deinem Theatersessel, entspannt zurückgelehnt. Nix mehr
mit cool und so. Du wischst Dir über die Augen. Vielleicht sitzen Deine
Kontaktlinsen nicht richtig? Vielleicht spielt Dir Deine Erinnerung einen
Streich? Vielleicht ist auch irgendwas durcheinander geraten? Bist gar nicht
in Berlin im Jahr 2000? Sondern irgendwo way back in the 80s????? Und dann
fängt er an zu reden. Nee, nicht wahr, oder? Eben überlegst Du noch, und
plötzlich hörst Du "seine" Stimme. Du siehst "seine" Bewegungen. Und dann
fängt dieser Kerl auch noch an zu singen. Und das ist der Moment, wo Du
aufgibst. Dein Widerstand, Deine ganze Coolness ist dahin. Weg, einfach
nicht mehr da. Hattest Du vor, kritisch zu sein? Um jeden Preis?Um "seinetwillen"?
Ja,...okay.... da ist eine dunkle Ahnung noch leise vorhanden, während Du
Dich schon in Deinem Sitz nach vorne beugst. Du versuchst, die Gänsehaut zu
ignorieren. Geht nicht. Reicht bis zu den Fußspitzen. Erfaßt Dich komplett.
Und jetzt kommt es auf Dich selbst an. Bist Du ein "renitenter" Falco-Fan,
der nichts anderes akzeptiert als "the one and only"? Ok, dann geh jetzt!
Ich geb Dir Recht - er IST "the one and only". Warum bist Du dann aber hierher
gekommen? Ich für meinen Teil habe mich hier auf etwas eingelassen, und will
jetzt auch sehen, auf was. Ich bleibe. Und auch die Gänsehaut bleibt.

Ich hab ihn wirklich lieb gehabt. Und ich würde sonstwas drum geben, wenn er leben
würde, vielleicht keinen neuen No.1-Hit gehabt hätte - aber er wär noch da.
Aber - Tatsache ist, es hat ihn erwischt. Und so sitze ich hier und suche ein
Stück von ihm zu erhaschen. Und was ich da gerade auf der Bühne sehe, hilft
mir wunderbar bei meinem Selbstbetrug. In diesem Fall bin ich ein "Egoist".
Ich sehe diesen Mann da, von dem ich vorher noch nie etwas gehört habe. WIE
lange suchen die DoRo-Brothers schon nach einem Hauptdarsteller für ihren
Film (den ich glaube ich eh nicht sehen möchte)? Hier hätten sie ihn.

Aber dieses Theater war schneller!
Noch unter diesem Eindruck geht die Show weiter. Wie schon eingangs bemerkt,
merke ich, was für einen echten Falco-Fan nicht schwer ist, dass die Story
des Musicals nicht dafür geeignet ist, Leuten, die ihn nicht so "im Blut"
haben wie wir, den Mensch Hans Hoelzel nahe zu bringen. Burkhardt Driest hat
mit all den Fakten aus Falco's Leben "gespielt". Hier ist nichts
chronologisch. Kennt man Falco's Lebensgeschichte nicht, verläßt man das
Theater entweder komplett verwirrt oder mit einem falschen Eindruck. Als
Falco-Fan mag einem hier manches nicht gefallen. Aber war das nicht auch "in
real life" so? Er war mit Sicherheit niemand, den man auf ein Podest heben
konnte oder der Vorbild war. Abgesehen von seinem unbestreitbaren Talent.
Dafür vor allem und "trotzdem" haben wir ihn geliebt. Weil er einfach ein
Mensch war. Mit all seinen Abgründen und Verzweiflungen. Mit seinen guten
Momenten - von denen wir profitiert haben -, und mit seinen "dark moments",
in denen wir zwar gern für ihn da gewesen wären.... Wenn wir gekonnt hätten.
Aber - überschätzen wir uns da nicht etwas?
Und da sitze ich nun in meinem Sessel, in dem mich spätestens kurz vor der
Pause nichts mehr hält. "Rock me Amadeus". Rock me, Falco. Axel Herrig und
Hans Hoelzel verschmelzen. Ich sehe kaum noch einen Unterschied. Will nur
noch tanzen. Back to the 80s. Aber da ist der Gong zur Pause. Grad jetzt!
Stürze ins Foyer und brauche einen Rotwein. Obwohl mir mehr nach Hansi's
Freund Jack Daniels wäre. Aber das ist too heavy for me. Wann gongt es
endlich? Want more!
Und dann geht es schon weiter mit "Dance Mephisto" und diesem herrlich
Darsteller des "Managers" - Martin Moss! Die Luft vibriert, Power ohne Ende!
DAS ist der Punkt, wo das Publikum endgültig in Begeisterung ausbricht.

Einfach nur genial!
Ich genieße die ganze Szenerie, die exellenten Darsteller, all die Farben,
die Deko, bis, - ja, bis er da ist, der Moment. Der Moment, wenn Falcos Leben
auf der Erde ein Ende findet. Ich wußte, dass er auch hier kommt, dieser
Moment. Sonst gäbe es dieses Musical nicht. Aber ich wünsche mir - nach dem
ich die Schock-Sekunden überwunden habe, ich hätte in diesem Moment jemanden
an meiner Seite, den die Nachricht seines Todes damals genauso getroffen hat,
wie mich. Ich sitze da im Dunkeln des Theaters und all die Falco-Power, die
Musik, die fantastische Deko, all das schrumpft zusammen, fällt zusammen in
ein Nichts, als dieser Moment da ist. Ich sitze in meinem bequemen Polster,
und bin ganz starr. Mir rennen stumm ein paar ungewollte Tränen herunter.
Nicht laut. Ganz leise nur. Merkt auch keiner. Aber ich habe das Gefühl, ich
will hier raus. Will gar nicht mehr wissen, wie es weitergeht. Und dann auch
noch, ohne Atem holen zu können, - logisch - "Out of the dark". Nur weg.
.......
Gott sei Dank, ich habe mich wieder gefangen. Aber es war ein Sch... Gefühl.
Zurück ins Jahr 1998. Ich komme auch gar nicht richtig zum Nachdenken. Denn
die nächste Szene ist schön. Kitschig!!! Super-kitschig! Aber trotzdem schön!
Was ist Musical ohne Kitsch? Falco in heaven. "Coming home". Na gut.

Auch das noch. Muss ich halt durch.
Und dann - die Bühne wird zu einer einzigen Party bei "The Sound of Musik".
Clap your hands! Dance and sing! Let's go Falco!!!!! Ich muss hoch, ich kann
nicht mehr sitzen bleiben. Unmöglich! Und als ich um mich blicke: ich bin
nicht allein! Das ganze Theater steht, tanzt, klatscht, singt mit! Plötzlich
gibt es keine Distanz mehr zu den Darstellern da oben auf der Bühne. Klar,
eine Zugabe muss her. Wir wollen noch nicht aufhören. Das Gefühl - bitte noch
einen Moment länger! - Und da kommen sie wieder raus! Und wir bekommen, was
wir brauchen: Stoff! "Der Kommissar". Es rappt und swingt. Der ganze Saal
ist eins, fühlt eins - Falco ist da! Plötzlich ist er wirklich wieder da.
Und die 80er sind wieder da. Und alles ist wie immer. Wie es war, wie wir es
geliebt haben - und wie wir es weiter in unseren Herzen tragen werden. Der
Falke fliegt! Und von oben sieht er's. Und gewußt hat er's IMMER: "Wan I
einmal tot bin, werden's mi hochleben lassen, G'frasta!" Genau! Schade!
Hätt's ihm zu Lebzeiten nochmal gewünscht. "Out of the dark" wär auch SO ein
Hit geworden. Nun, hat nicht soll'n sein. Hansi - mach's gut........ Wir
seh'n uns nächstes Wochenende!

by Andrea