"WENN ICH VOR MEINEM HERRN STEH ..."
DAS LETZTE NEWS-INTERVIEW. Falco über Flucht, Alkohol und den Tod.

NEWS: Fühlen Sie sich mit 40 als Pop-Idol nicht ziemlich alt?

Falco: Ganz im Gegenteil. Allein in den letzten Jahren ist viel passiert. Ich bin samt meiner ganzen Habe im 40-Fuß-Container in die Karibik emigriert. Ich habe einen Relaunch gehabt und mich mit den Medien arrangiert. Sie hatten neue Opfer und ich meine Ruhe. Solange der Juhnke im Geschäft ist, brauch ich mir keine Sorgen zu machen.

Warum haben Sie Österreich verlassen?

Mich freut es in Österreich vor allem aus einem Grund nicht mehr: weil unsere Branche - die Leute, die auf der Bühne stehen und unterhalten - devastiert und moralisch heruntergekommen ist. Meine Lebensinteressen in Österreich haben sich auf meine Mutter reduziert. Die Frage "Was mache ich hier?" stellt sich für mich nicht. Die Frage ist: "Was laß ich daheim für einen Blödsinn aus?"

Das letzte Jahrzehnt Falco war geprägt von Pleiten, Ehedramen, Beziehungsdesaster, Flops?

1988 war der Tiefpunkt meines Lebens: abgesagte Tour, ich versoffen, die Isabella, die nie meine Frau war, das Kind, das nie mein Kind war. Da begann die "Falco ist Orsch"-Kampagne. Zu Recht. Und die hat sieben Jahre gedauert. Ich bin richtig menschenscheu geworden und habe nur mehr kryptische Dinge von mir gegeben. '93/'94 hab ich begonnen, mich zu erfangen, '96 wurde zum Wendepunkt.

Keine Krise mehr?

Die Midlife-crisis hab ich mit 27 gehabt, mit 30 hab ich mich absolut beschissen gefühlt. Mit 40 muß man vernünftig werden, da geht das Leben los.

Haben Sie heute noch wie früher ein Problem mit Drogen?

Ein latentes und massives Problem ist nach wie vor für mich der Alkohol, weil es halt so chic ist. Und das ist nicht von mir, das hat der Richard Burton gesagt. Ich trinke derzeit nichts mehr. Es ist aber nicht so, daß ich vor meinem Haus in der Dominikanischen Republik das Kreuz aufgestellt habe und sage: "Kommt zum Beten zu Bruder Juan!" Aber ich hab's momentan im Griff. Sedativa und ähnliches brauch ich nicht mehr. Ich hasse mich selber, wenn ich betrunken bin. Trotzdem meide ich den Alkohol auch hier nicht wie der Teufel das Weihwasser.

Sind Sie einsam?

Nein, glücklich. Nach drei Wochen ohne Frau fühl ich mich unwohl, nach vier Wochen mit auch. Wahrscheinlich bin nicht ich immer an die falschen Frauen gekommen, sondern eher die richtigen Frauen mit mir an den falschen Mann. Heute bin ich frei und in der einmaligen Situation, 40 zu sein, keine Firma zu haben und keine Verantwortung für eine Familie. Ich verbringe keine Minute meines Lebens mehr damit, mir Gedanken zu machen, wie ich auf jemanden wirken könnte. Es ist mir völlig egal, wie mich Frauenverbände sehen.

Haben Sie Angst vor dem Alter?

Nein. Und wenn ich einmal vor meinem Herrn steh, kann ich ruhigen Gewissens sagen: Ich habe niemandem etwas getan, ich habe niemanden getötet oder betrogen. Der einzige, dem ich etwas angetan habe, war ich selbst.

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