FALCOS VERMÄCHTNIS

Falcos irres Leben in seinen eigenen Worten: Für eine NEWS-Story zog Falco Bilanz - über Haider, die Musikszene, Drogen und seine Frauen. Eine Abrechnung als Vermächtnis.

Mit 28 war ich ganz oben - und gleichzeitig am Ende. Ich hatte alles erreicht, was ich mir jemals vorgestellt habe: Mit "Amadeus" drei Wochen lang Nummer 1 der amerikanischen Hitparade, insgesamt drei US-Top-ten-Hits, zweistellige Millionenbeträge auf dem Konto, die Welt kniete vor mir. Was sollte die Zukunft bringen? Alles konnte nur noch Wiederholung sein - und die Ratten aus den Löchern herausholen, die sehnsüchtig auf meinen Absturz warteten.

Über 100 Millionen. Vielleicht will man es nicht so gerne sehen, aber was ich gemacht habe, ist Geschichte. Bis heute habe ich 65 Millionen Tonträger verkauft und weit mehr als 100 Millionen Schilling verdient. Mit 24 war ich Dollarmillionär. Und trotzdem: Ich hab mit meiner eigenen History zu kämpfen, gehe auf der Mariahilfer Straße oft herum wie meine eigene Karikatur.

Mit dem Gift gespielt. Ich war nie ein Ministrant - dafür zeitweise ein Knecht meiner selbst. Ich hab mich eine Zeitlang mit dem Gift gespielt und war auf allem, was es an Drogen gibt - mit Ausnahme von Heroin und Nadeln. Leistung zeigen und danach auszucken - das war meine Devise. Ich habe mich mit Drogen entspannt. Heute tue ich nach wie vor alles, was mir Spaß macht, aber in Dosen, die mich wissen lassen: Bis hierher - nicht weiter. Ich darf mich nicht mehr bis zum Exzeß ansaufen und in Hotellobbys herumliegen. Mittlerweile kotzen mich Drogen an. Ich bin drei Monate topfit, jogge 50 Kilometer die Woche. Dann folgt ein zweiwöchiger Exzeß - und meine Form ist wieder beim Teufel.

Früher nahm ich Tabletten, Sedativa, um meine Hyperaktivität zu senken. Und wegen Schlafstörungen war ich hin und wieder bei Neurologen und Psychiatern.

Streit mit der Szene. Ich wurde oft mißverstanden. Wer verkraftet es schon, mit einem Giftlerliadl wie "Der Kommissar" als Outlaw plötzlich in allen Zahnarztzeitungen zu stehen. So galt ich als präpotent, weil ich mit den Normen nichts zu tun haben wollte. Ich platzte als Streetfighter in die Kumpelhaftigkeit der österreichischen Dialektsong-Musikszene. Der Konflikt war unausweichlich. Manche haben versucht, mir ans Bein zu pinkeln. Ich habe zurückgepinkelt - mit doppeltem Strahl. Denn ich hatte längst das verdient, was sie nie verdienen werden. Die unausweichliche Isolation folgte.

Fendrich war immer schlau genug, nichts Abfälliges über mich in die Welt zu setzen. Er bringt die Unterhaltung, die Österreich verdient. Wenn er im Fernsehen auftritt, sitzen die 70jährigen Damen verzückt im Publikum und sagen: "So ein Schlingel, was der Bub da macht." Da sage ich: Danke. Ambros? Früher sagte ich einmal: "Meine Freunde werden stets Menschen des Wortes und nicht des Bieres sein." Nur soviel: Ich gehe lieber mit dem Wolferl ein Bier trinken, als daß ich mich mit seinen Liedern auseinandersetze. Und die EAV hat eine volkstümliche Ebene erreicht, die nichts mehr mit der linken Kritikerpartie von einst zu tun hat.

Meine Barbie-Puppen. Ich hatte immer viel Spaß mit Frauen - und kräftig unter ihnen gewütet. Manchmal auch unüberlegt. Tatsache: Ich bin einem gewissen Frauentypus verfallen. Groß, blond, tuberkulös. Falco leidet am Barbie-Puppen-Syndrom.

1986 nahm mein amouröses Leben seinen entscheidenden Lauf, wenn auch in die absolut falsche Richtung. Ich lernte in Graz Isabella kennen. Es folgte der größte Fehler meines Lebens: die Ehe, obwohl ich wußte, daß die Scheidung unausweichlich sei.

Drei Millionen im Koffer. Das Ende ließ nicht lange auf sich warten: Isabella verließ bei jedem Streit samt Kind die Wohnung und verfügte sich zu ihren Eltern nach Graz. Bis zu dem Tag, an dem es mir reichte. Ich ging vier Monate auf Weltreise und setzte der ganzen Affäre nach zehn Monaten ein gentlemanmäßiges Ende: Ich packte drei Millionen Schilling Cash in Tausenderscheinen in einen Koffer, fuhr nach Graz, zeigte ihr die Banknoten und stellte die entscheidende Frage: "Ja oder nein?" Es war die einfachste Scheidung der Welt

Mit Nielsen ins Kissen. Zwischen Isabella und mir lag Brigitte Nielsen - im wahrsten Sinne des Wortes. Mit ihr wollte ich nie in die Hitparade, sondern nur ins Kissen. Das war "part of the deal". Sie nahm jede Möglichkeit wahr, auf sich und die plastische Chirurgie aufmerksam zu machen. Nicht schlecht, der Slogan: "Von Rambo zu Falco". Unsere Platte war jedenfalls miserabel. Dann kam Daniela Böhm. Ich lernte sie in einem Wiener Fitneßcenter beim Brustdrücken kennen, während ich mit Isabella verheiratet war. Daniela war das Gegenteil von dem, was ich zu Hause hatte: ein sanftes, intelligentes Mädchen. Gezeichnet von ihrer Liebe zu Wecker, die sie geradewegs zu mir führte. Sie war die erste Frau, die mich sitzenließ - nach einem Jahr.

Pretty Woman. Süwerl war die Frau, die ich mir mit 18 vorgestellt habe. Das mußte mir im Jahr von "Pretty Woman" auch erst einer nachmachen, als ich sie in "Ninas Bar", einem Etablissement in der Wiener Innenstadt, kennenlernte. Der Geruch der Nacht hat immer schon mehr mein Leben bestimmt als der Weihrauch. Und Sylvie war die erste Frau, die aus mir keinen Pantoffelhelden machen wollte.

Verweist Haider des Landes! Bei uns verschandeln selbsternannte Zyniker von Gottes Gnaden, Besserwisser und Berufsexperten die geistige Landschaft. Das ist gefährlich. Was mich an Österreich erschreckt, ist die Verhärtung der Fronten, die Radikalisierung. Es ist zuwenig, zu Haider zu sagen: Wir sind dafür, daß wir dagegen sind. Entweder nimmt man ihm den österreichischen Paß weg und verweist ihn des Landes, oder man setzt sich ernsthaft mit der Tatsache auseinander, daß er längst nicht nur für Minderheiten spricht. Für das Ausländerproblem habe ich eine bessere Lösung als er: Wenn sich endlich all die Nestbeschmutzer aus Österreich abseilten, die mit ihrem Land nichts zu tun haben wollen, gäbe es genug Platz für Ausländer.

FALCO

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