FALCO 40 Caribbean Birthday
Herrschsüchtige Frauen, gieriger Fiskus, falsche Spezis - Hasta la Vista, Babies!

Seit November 1996 ist Hansi Hölzel, besser bekannt als Falco, Auslandsösterreicher. Er lebt in der Dominikanischen Republik, und zwar an der Nordküste in Puerto Plata. Dort hat er in den Hacienda Resorts, einem Ferienparadies auf einer Million Quadratmetern, eine Villa gemietet. In jener malerischen Bucht, in der Christoph Columbus 1493 ankerte, feierte der "Falke" mit einer Supershow auch seinen 40. Geburtstag. Ludwig Heinrich war für das CLUB Ö3 MAGAZIN live dabei und traf Falco vorher zu zwei Plauderstunden fern der Heimat.

CLUB Ö3 MAGAZIN: Wie fühlt man sich mit 40?

FALCO: Wesentlich besser als vor 20 Jahren, ich habe nur nicht mehr die Geduld wie damals. Aber ich glaube, daß ich jeden Fehler noch einmal genauso machen würde.

CLUB Ö3 MAGAZIN: Aus der Ferne dringen ja regelmäßig Nachrichten nach Wien. Eine der aktuellsten: Deine letzte Braut, das schöne kanadische Model Caroline Perron, 22, hat sich "empfohlen" ...

Daß sie mir net amal zum Geburtstag gratuliert hat, hat mich ein bißl getroffen, denn wir haben in letzter Zeit hin und wieder ganz normal telefoniert. Das Ende? Mein Gott, jedes Ende schmerzt eine Zeitlang, anderes zu behaupten wäre eine Lüge. Nur werden die Schmerzmomente mit zunehmenden Jahren immer kürzer.

Hast du - auf Dauer - kein Glück bei den Frauen?

Ich hör´ zuletzt des öfteren eine herzige Frage. Nämlich: Was hat Ihre letzte Freundin veranlaßt, Sie zu verlassen? Na, ich natürlich. Ich hab´ mir nie die falschen Frauen ausgesucht, sondern die Frauen den falschen Mann. Ich hab´ noch keine verlassen, alle haben mich verlassen. Aber ich sehe keine Notwendigkeit, mich großräumig zu verändern. Ich fühle mich eigentlich sehr wohl, so, wie ich bin. Im Grund wollen dich die Frauen ja alle umdrehen, in irgendeiner Form. Herzig ist´s auch, wenn ich gefragt werde: Bist du jetzt einsam? Also, ich kann wirklich sehr gut allein leben, und falls mir einmal die Decke auf den Schädel fallen sollte - na, dafür gibt´s Flugzeuge. Man kann ja auch ein geselliger Mensch sein, ohne jeden Tag 25 Lokale zu frequentieren und 30 Leute um sich zu haben.

Man hört ja hier von vielen fröhlichen Festen mit Falco. Wie steht´s mit dem Thema Alkohol?

(Nimmt demonstrativ einen tiefen Schluck aus der Mineralwasserflasche) Ich sauf´ so viel Wasser ... Seit eineinhalb Jahren bin ich halbtrocken. Das heißt: Ich habe keine Vollräusche mehr. Ich meide aber andererseits nicht den Alkohol wie der Teufel das Weihwasser. So ist´s a wieder net ...

Wie war die Geschichte, bei der du angeblich eine deutsche Touristin mit der Pistole bedroht hast?

Die Oide wollt´ sich nur wichtig machen. Ich hab´ ihr Auto mit meinem ein bißl touchiert. Sie, wohl "Emma"-Leserin oder so, ist ausgestiegen und hat sich wahrscheinlich gedacht: "Jö, der Falco! Na dem werd´ ich´s zeigen!" Ich wollte die Kleinigkeit in Ruhe regeln, auf einmal hat sie sich vors Auto gelegt. Wär´ ich nur ein Stückl nach vor gefahren und hätt´ sie berührt - na servas! Aber ich hab´ mi net provozieren lassen. Die Polizisten, ich kenn´ die ja alle, haben nur gelacht.

Hier in den "Hacienda Resorts" und Umgebung läßt Karl Spiehs eine neue Staffel der Klinik unter Palmen drehen. Stimmt´s, daß du da selbst einen Polizisten spielst, der dem versoffenen Hafenarzt Dr. Willing alias Harald Juhnke den Führerschein abknöpft?

So was war einmal im Gerede, aber ich hab´ es abgesagt. Ich mein´: Als Arzt neben dem Klausjürgen Wussow, das hätt´ mich gereizt. Ich kann zwar nur mich selbst spielen, aber das recht ordentlich. Die Rolle des Kommissars Rosario ist aber immer mehr geschrumpft, da hab´ ich gesagt: Laß ma´s sein, ich schreib´ euch lieber die Filmmusik. Daran arbeite ich jetzt. Lateinamerikanischer Sound natürlich, mit einem Motiv, das sich durch alle drei Folgen zieht.

Stichwort "Sound". Alles wartet auf das neue Falco-Album, das ja mit Egoisten auch schon einen Titel hat. Es ist jedoch immer noch nicht da, und manche fragen sich schon, ob du zwischendurch in eine kreative Krise gerutscht bist.

Im Gegenteil, mein Freund, im Gegenteil. Folgendes ist passiert: Wir haben vorab die Nummer Naked herausgebracht. Die lief in Österreich ausgezeichnet, in Deutschland weniger gut, dort haben wir knapp über 50.000 Exemplare verkauft. Das is net vül! Jedoch brachte diese Tatsache mit sich, daß wir nicht unter dem Druck standen, die CD gleich folgen zu lassen. Einerseits konnte ich auf diese Art in Ruhe übersiedeln, andererseits haben wir gleich eine Kurve in Richtung Qualität eingeschlagen. Nicht zuletzt deswegen, weil die Single Egoist bei allen, die sie bereits gehört haben, so gut ankam. Ich persönlich steh´ auf Out Of The Dark mindestens ebenso. Praktisch bedeutet das also: Wir schmeißen zwei Songs, die mir nicht so gut gefallen haben, raus und suchen zwei neue. Mein Executive Producer George Glück hat dabei mein vollstes Vertrauen. Das Album wird halt mit ein bißl Verzögerung auf den Markt kommen, die Tournee folgt bekanntlich im Oktober.

Und wie siehst du mittlerweile das Thema Deutschland? Bekanntlich kein unwichtiger Markt ...

Noch einmal zurück zu Naked. Es war das erste Mal, daß ein Titel, der in Österreich unter den Top 3 war, in Deutschland nicht mindestens unter die Top 10 kam. Ich hab´ natürlich nachgedacht, was der Grund sein könnte, und ich kam zum messerscharfen Schluß, daß ich heute wohl eine andere Zielgruppe habe als vor zehn, fünfzehn Jahren. Mein wirklicher Erfolg lag im letzten Jahr bei VIVA. Die entscheidende Frage war: Welche Akzeptanz würde ich bei dieser Zielgruppe haben? Ich sagte mir damals: Wenn ich jetzt dort reingehe und outriere, bin ich verloren. Das Motto war daher: Sei, wie du bist! Das funktionierte.

George Glück hat für das Album entsprechendes Material aquiriert. Wir produzierten auf drei Ebenen. Mit Torsten Börger in Dortmund, mit Reinhold Heil, der Spliff und Nena unter seinen Fittichen hat, in Berlin, und mit Jeopardy in Hamburg eine Coverversion von Rio Reisers Geld. Ich hätt´ jetzt vielleicht noch gern einen Kraftwerk-Titel, leider habe ich gehört, daß bei denen die Verlagsverhandlungen sehr pingelig laufen.

Elf Jahre ist es her, daß du mit Amadeus einen Welthit hattest. Derlei kann ja auch Schattenseiten haben ...

Na, was glaubst, wie hoch dir ein Nummer-eins-Hit in Amerika die Latte hängt? Ich glaube jedenfalls, ich habe damals das Richtige getan, indem ich nicht in die USA ging. Ein Fehler war in der Folge sicher der Wechsel vom A&M-Label zu Sire. A&M hat mich hochgebracht, meine damalige Vertragsfirma Teldec verhandelte verständlicherweise in die Richtung, wo das Meiste rauszuholen war, und das war bei Sire eben der Fall. Künstlerisch war es aber die falsche Entscheidung. Schwamm drüber, George Glück leistet für mich jetzt beste Arbeit. Der laufende EMI-Vertrag sieht nach Egoisten noch ein weiteres Album vor. Festzuhalten wäre, daß mir EMI-Boß Helmut Fest diesen Vertrag zu einer Zeit gab, als bei mir absolut tote Hose war. Er hat mich, glaube ich, "mit dem Bauch" gespürt, und dieses Vertrauen rechne ich ihm hoch an.

Bei der Geburtstags-Show hast du mit dominikanischen Musikern gespielt. Könntest du dir vorstellen, daß es für den "Falco Latino" ein zweites Standbein geben könnte?

Absolut. Vielleicht net mit demselben Falco, ganz bestimmt aber mit demselben Vogel. Hast den Gitarristen gehört, der mit mir gespielt hat? Ein mörderisches Talent, aber er hat leider einen Schuß, wie so viele Gitarristen, unzuverlässig ... Wenn ich dem bei den Proben nicht gedroht hätte "Wannst net spurst, ich sag da, I fuck you, aber da wirst schau´n!" ... Der Kurt "Supermax" Hauenstein macht das, wie er mit den Gitarristen umgeht, ganz richtig. Er steht da mit der Stoppuhr, und wenn einer nur fünf Minuten zu spät ist, schickt er ihn weg und sagt eahm, er ersetzt ihn durch a Tonspur! Aber zurück zur eigentlichen Frage: Ja, ich glaub´, daß ich hier genug Substanz und genug kreatives Umfeld habe, um bei Null anfangen zu können. Kein wirklicher Neubeginn, sondern eine Arbeit auf anderer Basis, wie ich´s in Österreich net könnte. Zum Beispiel mit Cover-Versions von Jimi Hendrix, Cream, Police. Wenn ich mit sowas in Österreich anfangi, fragen´s mich, ob ich deppert bin. Mit Bequemlichkeit und Faulheit geht das natürlich nicht, ich brauche wesentlich mehr Disziplin, weil´s einem diese Insel bestimmt nicht leicht macht. Nicht von ungefähr war das die erste autonome Insel, nicht von ungefähr steht hier die älteste Universität der Region. Die Devise heißt also: anzahn. Natürlich: der Falco wird immer auf Deutsch singen, aber der Hansi Hölzel ist ja mehr als der Falco.

Die "Zentrale" bleibt Puerto Plata?

Nein. Die Hacienda Resorts sind ein ideales Basislager, aber ich gehe in die Hauptstadt, nach Santo Domingo. Mir schwebt ein "Musikerhaus" vor. Mit Live-Club unten, den ich natürlich nicht führe, weil ich kein Wirt bin, drüber Appartements, und droben am Dachl ich. Das Haus habe ich schon gefunden.

Es wird geflüstert, daß es in Santo Domingo auch schon eine neue Liebe geben soll?

Stimmt net. Wobei ich jetzt generell sage: Wann ich wirklich einmal heiraten sollt´, müßte die Frau mindestens ebenso hackeln wie ich. Ich brauchi keine, die ich unter Druck setzen muß, denn unter Druck setz i mi selber.

Heimweh hat sich noch nicht eingestellt?

Bis jetzt - nein.

In Österreich wurde mittlerweile alles abgewickelt?

Ja. Das Penthouse in Hietzing ist verkauft. Das Haus in Gars am Kamp gehört meiner Mutter. Ich habe alles so "gespielt", wie ich es spielen darf. Das heißt, daß ich eine Menge Steuern bezahlt habe. Natürlich habe ich Ermittlungen zwecks "Steuerschonung" betrieben und stapelweise Unterlagen gekriegt. Doch bei Durchsicht merkte ich: Oida, irgendwann fällt dir das auf den Kopf. Es geht nämlich bei allem nur um eines - um den sogenannten Interessensmittelpunkt. Mit 40 hab´ ich jetzt die Möglichkeit der Verlagerung, weil ich ungebunden bin, keine Firma und keine Familie habe. Und schon bisher, das soll auch gesagt werden, habe ich 95 Prozent meines Geldes im Ausland verdient.

Und wie geht´s den alten Spezis?

Ich hab´ einen Test gemacht und 20 eingeladen. Dann hab´ ich gewartet, wie vielen von ihnen der Flug 15 Blaue wert ist. Gekommen ist bis jetzt nur der Ronald Seunig von Excalibur. Die meisten hatten keine Zeit

Abschließend etwas ganz anderes. Hier gibt es Voodoo-Gruppen. Teils lokale, teils solche aus Haiti. Hast du dich schon mit solchen Dingen beschäftigt?

I bin net neugierig. Ich glaubi, wenn man seine ganze abendländische Ratio wegwirft und sich auf eine spirituelle Ebene begibt, auf der man nicht zu Hause ist, dann geht man leicht aufs Glatteis tanzen.

Darf man das als Angst auslegen?

Ja. Als Angst - und als sehr viel Respekt.

© by Club ö3 Magazin 03./04.97